Mach mal Pause: Das Scharbockskraut Ficaria verna

01.04.2020, Reinhard Berndt
Schmerzt Sie auch der Rücken oder raucht der Kopf nach stundenlangem Arbeiten zu Hause vor dem Computer? Legen Sie eine Pause ein und machen Sie einen kleinen Spaziergang. Entdecken Sie dabei die Natur vor Ihrer Haustür, heute zum Beispiel das Scharbockskraut, welches Sie derzeit (fast) überall finden können.

Das Scharbockskraut (Ficaria verna, Ranunculaceae) ist eine häufige, frühblühende Pflanze, die auf nährstoffreichen und feuchten Böden in Laubwäldern, Hecken und Parks vorkommt. 

Glänzende Blütenblätter, die UV-Strahlen reflektieren

Die Blüten sehen einem Hahnenfuß sehr ähnlich, sind aber vielblättrig (in Wirklichkeit sind die Blütenblätter blütenblattartige Nektardrüsen, was uns aber nicht weiter kümmern muss…). Auf dem Foto kann man sehen, dass die Blütenblätter eine an der Blattspitze glänzende und am Blattgrund stumpfgelbe Oberfläche aufweisen. Der glänzende Teil reflektiert UV-Strahlen. Die Pflanze besitzt ein Rhizom, das mehr oder weniger keulenförmige Wurzelzwiebeln trägt.

Vegetative Vermehrung mit Zwiebeln

In der Mitte der Blüte kann man das Gynoeceum (weibliches Blütenorgan) sehen, das aus zahlreichen einsamigen Nüsschen besteht. Aber haben Sie in der Schweiz schon einmal ein fruchtendes Scharbockskraut gesehen? Wahrscheinlich nicht, denn in der Schweiz ist F. verna durch die Unterart bulbifer vertreten, die am Boden entlang wächst und in den Blattachseln Zwiebeln bildet. Die Unterart bulbifer produziert normalerweise also keine Früchte, sondern vermehrt sich vegetativ durch diese Zwiebeln. 

Ein Rostpilz ganz alleine für das Scharbockskraut

Wenn Sie sich die grünen Blätter von F. verna genauer ansehen, werden Sie wahrscheinlich solche entdecken, die von Rost- oder Brandpilzen befallen sind. 
Das Bild unten zeigt den Rostpilz Uromyces ficariae, der Gruppen von sogenannten Sori auf der Unterseite der Blätter ausstößt (ein Sorus ist eine sporenbildende Struktur) (das Bild kann durch Anklicken vergrößert werden). Dieser Rostpilz kommt nur auf F. verna vor, so dass er auch ohne mikroskopische Untersuchung bestimmt werden kann. Uromyces ficariae gehört zu den Rostpilzen ohne Wirtswechsel, d.h. er braucht keine alternative Wirtspflanze, um seinen Lebenszyklus zu durchlaufen, wie z.B. der Schwarzrost von Getreide. Man kann annehmen, dass ein kurzer Lebenszyklus auf einem kurzlebigen Substrat wie den Blättern von F. verna vorteilhaft ist.

Rostpilt auf dem Blatt eines Scharbockskraut
Der Rostpilz Uromyces ficariae wächst nur auf dem Scharbockskraut.
Elfenbeinfarbige Flecken und ein feiner Flaum

Wenn Sie draußen Blätter von Scharbockskräutern betrachten, können Sie auch auf Blätter mit weißlichen bis elfenbeinfarbenen Flecken stoßen. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Entyloma ficariae, der zur heterogenen Gruppe der Brandpilze gehört. Im Gegensatz zu vielen anderen Brandpilzen bilden Entyloma spp. ihre Sporen einzeln im Blattgewebe. Sie sind nur mit dem Mikroskop zu sehen. Wenn die Sporen auskeimen, bilden sie Sporenständer (Basidien), welche die äußerste Gewebeschicht durchbrechen und mit einer Lupe als feiner Flaum auf der Blattoberfläche erkennbar sind. Auf dem Foto können Sie dies an einigen der Flecken auf dem rechten Blatt sehen.

Russpilz auf dem Blatt eines Scharbockkrauts
Der Brandpilz Entyloma ficariae

Dr. Reinhard Berndt ist Kurator der Pilzsammlung am Departement Umweltsystemwissenschaften an der ETH Zürich. Der Originaltext ist in Englisch geschrieben.